
Der Frühling ist in Tiflis angekommen, und mit ihm scheint die Stadt sanft zu erwachen. Die Straßen werden wärmer, der Wind trägt den Duft blühender Akazien, und Sonnenstrahlen tanzen auf den Dächern – sowohl auf den alten Kirchen als auch auf den sowjetischen Plattenbauten.
Nirgends verschmelzen Geschichte und Moderne so natürlich wie hier. Einen Moment steht man in einer jahrhundertealten Kirche und bewundert die goldenen Fresken, die Invasionen und Reiche überdauert haben. Im nächsten Moment geht man an grauen Betonwänden vorbei, die mit Graffiti und Zitaten aus der Popkultur der neuen Generation besprüht sind.
Hinter einem dieser sowjetischen Gebäude befindet sich etwas Unerwartetes: ein Skatepark, voller Leben und Energie. Er trägt den Namen „Deda Ena“ – das bedeutet „Muttersprache“ auf Georgisch. Eine Hommage an Identität und Wurzeln – mitten zwischen Sprüngen, Rädern und Freiheit.
Ich sah einen kleinen Jungen, der zögernd auf seinem Skateboard stand. Die Knie wackelten. Sein älterer Bruder, vielleicht 16 Jahre alt, hielt seine Hand und flüsterte: „Lehn dich nach vorne... aber nicht zu viel!“ Das Board schwankte, stabilisierte sich – und rollte. Für einen Moment flogen sie beide. Der Kleine rief vor Freude, der Große lächelte. Und ich sah: ein Moment der Weitergabe – Gleichgewicht, Mut und Zugehörigkeit.
So ist Tiflis im Frühling. Eine Stadt, in der jeder Stein eine Geschichte erzählt, und jede Wandmalerei, jede Bewegung eine neue hinzufügt. Wo Tradition nicht stillsteht, sondern weiterrollt – wie ein Skateboard über frisch erwärmten Asphalt.