Ostern in Georgien: Frühling, Glaube & Familie

Dieses Osterfest verließ ich die Stadt und reiste tief hinein in das Herz des ländlichen Georgiens, um einen alten Collegefreund in seinem Dorfhaus zu besuchen – ein Ort mit Steinmauern, Obstbäumen und Geschichten, die älter sind als jedes Buch. Was ich dort erlebte, war mehr als ein Feiertag – es war eine Reise durch Zeit, Tradition und den Zauber des Frühlings.

Schon bei meiner Ankunft roch die Luft anders – frischer, wärmer, erfüllt vom Versprechen neuen Lebens. Aprikosenbäume blühten, Bienen summten über wilden Frühlingsblumen, und Kinder rannten barfuß über staubige Wege, mit rot gefärbten Ostereiern in der Hand.

Im Haus war alles in Bewegung – Teig wurde geknetet, es wurde gebraten, gekocht, gelacht – und bald füllten sich die Tische mit den ersten Speisen: Tschakapuli, grün und duftend nach Estragon, und das hohe, goldene Paska-Brot, frisch gebacken und liebevoll dekoriert.

Am Sonntagabend besuchten wir die Mitternachtsmesse in der Dorfkirche. Die Kerzen, die Gesänge, das Flüstern von „Kriste aghsdga!“ – „Christus ist auferstanden!“ – und „Chezdmaridet!“ – „Wahrhaftig auferstanden!“ – schufen eine Atmosphäre, die man nur als zeitlos und heilig beschreiben kann.

Am nächsten Morgen war der Hof voller Lachen. Es war Zeit für den traditionellen Eier-Wettkampf – wessen Ei das stärkste war. Die jüngste Schwester meines Freundes gewann fast jede Runde – wir jubelten wie Kinder. Für einen Moment schien es, als gäbe es keine Zeit, keine Sorgen – nur Ostern.

Einer der bewegendsten Momente kam am Montag, als wir gemeinsam zum Dorffriedhof gingen. Familien brachten rote Eier und etwas Wein zu den Gräbern ihrer Liebsten, sprachen Gebete. Es erinnerte mich an Allerheiligen in Spanien – dieser zarte, stille Brückenschlag zwischen den Lebenden und den Verstorbenen.

Auf dem Rückweg begegneten wir einem alten Mann, der auf einen Holzstock gestützt am Straßenrand stand. Er lächelte, zeigte in den Himmel und sagte auf Georgisch:

„Nach Ostern kommt immer gutes Wetter – das ist unser Versprechen vom Himmel.“

Ich glaubte ihm. Denn in diesem Moment, umgeben von Blüten und Glocken, von guten Menschen und uralten Ritualen, fühlte sich Georgien an wie ein Land, in dem solche Versprechen noch gelten.

Wenn Sie je etwas Reines, Schönes und Seelenvolles erleben möchten – kommen Sie nach Georgien im Frühling. Kommen Sie zu Ostern. Es ist kein gewöhnlicher Feiertag, sondern ein lebendiges Gedicht aus Familie, Glaube und den ersten Blumen des Jahres.